Religion als politische Kraft: Judentum - Christentum - Islam

Kategorie: Veranstaltungen Veröffentlicht: Sonntag, 15. Juli 2007
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Klaus von Raussendorff

In vielen Ländern hat Religion heute einen Einfluss auf die Politik, der noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar schien. Entgegen einer früher verbreiteten Annahme führte das westliche Modell der Modernisierung nicht zu einem angeblich unausweichlichen, gradlinigen Säkularisierungsprozess. Als falsch erwiesen sich die Annahmen, dass allein schon Kapitalismus, Wissenschaft und Technologie, die eine fortschreitende „Entzauberung“ und „Verdinglichung“ der Welt bewirken, den religiösen Glauben zur Privatsache machen und die Religion aus dem öffentlichen Leben verschwinden lassen würden. Das Gegenteil scheint der Fall. Denn im Prozess der kapitalistische Modernisierungen und Säkularisierung tritt nur umso deutlicher das grundlegende Dilemma zutage, dass der sich einerseits seiner Freiheit bewusste Staatsbürger als Mensch andererseits den kapitalistischen Verhältnissen unterworfen bleibt, in denen Armut, Ungleichheit und Unfreiheit herrschen. Religionskritik gipfelte daher bei Karl Marx in „dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“
Die „Globalisierung“ hat auch im Bezug auf Religion neue Fragestellungen aufgeworfen. Unter welchen Bedingungen behauptet heute Religion als verkehrte Widerspiegelung von Natur und Gesellschaft gleichwohl eine besondere Zuständigkeit für die Frage nach der Herkunft des Bösen in der Geschichte und seiner adäquaten Bekämpfung? Hat nicht die katholische Befreiungsbewegung in Lateinamerika und ihre Unterdrückung durch den Vatikan eindrucksvoll gezeigt, dass die Wirkungsweise der Religion vom Verlauf der nationalen und internationalen Klassenkämpfe und ihrer Stellung in ihnen abhängig ist? Spielen nicht in den USA christliche Motivationen nicht nur bei neokonservativen Kriegstreibern sondern auch in fortschrittlichen politischen Bewegungen eine starke Rolle? Übt nicht gerade ein Judentum, das sich seiner rationalen, humanistischen und universalistische Wurzeln bewusst ist, stärkste Kritik am Zionismus, der seinerseits als weltliches Projekt des Imperialismus und Kolonialismus stark mit jüdischer (und christlicher) Religion aufgeladen ist? Geht es heute um einen Kulturkampf des „jüdisch-christlichen“ Westens gegen den Islam? Hindert uns ein Säkularismus, der in „fundamentalistischer“ Art und Weise westliche Kulturhegemonie vertritt, die politische Rolle des Islam und anderer Religionen realistisch zu sehen? Was erschwert es säkularen Menschen im Westen konsequent anzuerkennen, dass heute in islamisch geprägten Ländern die Volksmassen und Befreiungsbewegungen sehr stark durch religiöse Bewegungen und Parteien wie Hezbollah und Hamas vertreten werden, während in anderen Ländern der Islam vor allem für eine pro-imperialistische Politik ideologisch in Dienst genommen wird? Brauchen wir eine aktualisierte  Religionskritik, um uns theoretisch und praktisch auf die realen Kämpfen für Demokratie, nationale Selbstbehauptung und sozialen Fortschritt einstellen zu können?

Klaus v. Raussendorf wird am 27. September um 20.00 Uhr in der Villa Ichon, Goetheplatz 4,  zu dem Thema sprechen. Dieses ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des DFV Landesverband Nord e.V. und der MASCH Bremen.
Nachfragen unter DFV- Nord Tel. 040 6316260 oder Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!