Papst Benedikt XVI: Inquisition ein Fortschritt!

Kategorie: Aktuell Veröffentlicht: Freitag, 16. September 2005
In einem Interview mit BR- alpha am 16.4.98 sagte Kardinal Ratzinger, der jetzige Papst Benedikt XVI: "Man muss doch sagen, dass Inquisition ein Fortschritt war, dass nichts mehr ohne "Inquisitio" verurteilt werden durfte, das heißt, dass Untersuchungen stattfinden mussten. Ein Rechtsbewusstsein steckt dahinter." Für wie dumm will uns Ratzinger verkaufen? Er selber weiß bestimmt, dass der Inquisitionsprozess ein Rückschritt war, verglichen mit dem vorher üblichen Akkusationsprozess, der gerichtlichen Reaktion auf eine Privatklage. Zur Rolle der Kirche während der Inquisition und der Hexenverfolgung schreibt Sigmund von Rietzler "Aus der Sphäre, die vielleicht den meisten Menschen die teuerste und erhabenste bedeutet, aus dem Heiligtume der Religion, grinst dem Beschauer ein Medusenhaupt entgegen und hemmt ihm das Blut in den Adern. Unter christlichen Völkern, im Schoße einer tausend Jahre alten Kultur ist vom 15. bis ins 18. Jahrhundert hinein der Justizmord zur stehenden Einrichtung geworden." (zitiert nach Erika Wisselinck: Hexen.)

In Nordeuropa hielt die christliche Religion verhältnismäßig spät Einzug und hatte einen schweren Stand. Viele vorchristliche Bräuche, vor allem Fruchtbarkeitsriten, wurden weiter praktiziert. Auf der anderen Seite begannen im 12. Jahrhundert innerhalb des Christentums Bewegungen, wie zum Beispiel die Katharer, Missstände in der Kirche und das Papsttum anzugreifen. Sie bezeichneten sich als "die Reinen" und führten ein einfaches Leben in Armut, das viele Menschen überzeugte und ihnen großen Zulauf brachte, bis sie von Kirche und Staat gemeinsam mit großer Brutalität vernichtet wurden. Friedrich II. führte 1224 den Feuertod für Ketzer ein, der von Papst Gregor VII. übernommen wurde. Papst Innozenz IV. erlaubte 1252 die Folter zur Erpressung von Geständnissen. Der Dominikanerorden wurde mit dem Ziel der Vernichtung der Ketzer gegründet, und Inquisitoren, deren Aufgabe es ursprünglich war, Zweifler zum wahren Glauben zurückzuführen, hatten nur noch deren Ausrottung im Sinn. Die Institution Kirche wollte unumschränkt herrschen und Konkurrenten
beseitigen. Jacob Burckhardt sagt dazu: "Mit der berüchtigten Bulle Innocenz` des VIII. wird dann bekanntlich das Hexenwesen und dessen Verfolgung zu einem großen und scheußlichen System. Beiläufig glaube ich mich zu der Bemerkung veranlasst, dass hier bei längerer Betrachtung jeder Gedanke an einen ursprünglichen objektiven Tatbestand, an Reste heidnischen Glaubens usw. verschwindet. Wer sich überzeugen will, wie die Phantasie der Bettelmönche die einzige Quelle dieses ganzen Wahns ist, verfolge in den Memoiren von Jaques du Clerc den so genannten Waldenserprozess von Arras im Jahre 1459.
Erst durch hundertjähriges Hineinverhören brachte man die Phantasie des Volkes auf den Punkt, wo sich das ganze scheußliche Wesen von selbst verstand und sich vermeintlich neu erzeugte." (in: Die Kultur der Renaissance in Italien.)

Dass die Inquisitoren selber nicht an die Schuld ihrer Opfer, sondern nur an ihre Fähigkeiten als Folterer glaubten, zeigt ein Zitat aus der "Cautio Criminalis" des Jesuitenpater Friedrich von Spee, das 1631 anonym herausgebracht wurde: "Und es ist sehr wahr, was neulich der Inquisitor eines großen Fürsten zu prahlen wagte, dass, wenn unter seine Hände und Torturen der Papst selber fallen sollte, ganz gewiss auch er sich als Zauberer bekennen würde." (Cautio Criminalis, zitiert nach Erika Wisselinck:Hexen).

Quellenangaben nach "Buch und Bibliothek", Oktober 95: "Fabrikation des Wahnsinns, Hexenverfolgung in Europa" von Ingeborg Neidhardt-Möller

Ingeborg Neidhardt-Möller