Freidenker beteiligten sich an Ehrung für Ernst Thälmann

Kategorie: Hamburg Veröffentlicht: Dienstag, 19. April 2011

Ernst ThälmannDer 125. Geburtstag des 1944 von den Hitlerfaschisten ermordeten Ernst Thälmann wurde am 16. April an verschiedenen Orten zum Anlass genommen, den früheren Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und Reichstagsabgeordneten zu würdigen und darüber hinaus kritische Blicke auf bundesdeutsche Kriegspolitik zu werfen. So wurden in fast allen Reden der Krieg in Afghanistan und gegen Libyen auf das Schärfste verurteilt.


Die Veranstaltungen in Hamburg, an denen sich insgesamt rund 150 Menschen beteiligten, beinhalteten eine Kranzniederlegung vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Thälmann in Eppendorf, der jetzigen Gedenkstätte Ernst Thälmann und Sitz des Kuratorium Gedenkstätte Ernst Thälmann e. V. (GET).



Vor dem Wohnhaus hielt Hein Pfohlmann, der Vorsitzende des Kuratoriums, eine Ansprache. Zahlreiche Gäste unter anderem aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin, Dresden ehrten Thälmann mit roten Nelken. Auch besuchte ein Gast aus Russland die Gedenkstätte. Er hatte die Thälmann-Ehrung zum Anlass genommen die Hansestadt zu besuchen.

Am Nachmittag fand eine Gedenk- und Festveranstaltung in Hamburg-St.Georg statt. Die Veranstaltung wurde vom  Vorsitzenden der GET, Hein Pfohlmann eröffnet. In seiner Rede stellte er die Wichtigkeit der Gedenkstätte, als einzige noch existierende Gedenkstätte im Gedenken an Thälmann heraus. Er verurteilte ganz entschieden den Abriss der Gedenkstätte in Ziegenhals (Brandenburg) als Geschichtsvernichtung nach dem Anschluss der DDR an die BRD.

Es folgten Reden und Ansprachen von  Siegfried Mechler Präsident des Ostdeutsches Kuratorium von Verbänden e.V. (OKV), Bettina Jürgensen Vorsitzende der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Nach Grußworten von Steffi Wittenberg für die VVN/BdA, Cilly Keller für den Freundeskreis Ernst Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals sprach auch Angelika Scheer, die Vorsitzende des Deutschen Freidenker-Verbands Nord (DFV). Zu Beginn ihrer Ausführungen begrüßte Scheer die enge freundschaftliche Beziehung zur GET. Sie freue sich auch, dass aus der Mitgliedschaft des DFV kein »Wenn und Aber« betreffs der Ehrung von Ernst Thälmann gekommen ist. Das sei nicht selbstverständlich nach der sogenannten Kommunismusdebatte am Anfang des Jahres. Die Debatte, die sich im Vorwege der Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung »junge Welt« in Berlin auf Grund von Ausführungen der Vorsitzenden der Partei Die Linke, Gesine Lötzsch, entspann, traf auch viele Mitglieder des DFV. Auf die Arbeit und Aufgaben des DFV eingehend stellte die Landesvorsitzende die Ungleichbehandlung von Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Freidenkerorganisationen heraus. Das Streben nach Trennung von Kirche und Staat sowie die Trennung von Kirche und Bildung sind unter anderen Ziele der Freidenker. Sie machte auch kritische Bemerkungen zum »Glaubensgedusel« im militärischen Bereich. Die Vorsitzende des DFV Nord fordert von der brandenburgischen Regierung den Wiederaufbau der historischen Gedenkstätte in Ziegenhals. Nach den eigenen Worten verlas Scheer dann das Grußwort des Bundesvorsitzenden des DFV, Klaus Hartmann.  Dieser ging auf die Notwendigkeit der Ehrung von Ernst Thälmann auch für die nachfolgenden Generationen ein. Er stellte eine Verbindung zu Max Sievers her. Dieser war Vorsitzender des Freidenker-Verbandes vor 1933 und wurde im Zuchthaus von Brandenburg Görden mit dem Fallbeil von den Nazis ermordet.Hartmann stellt als Wesensmerkmale der Arbeit des DFV  Antifaschismus, Antimilitarismus und Antiimperialismus heraus. Diese Wesenszüge des Verbandes sind in der Berliner Erklärung verankert. Nach dem Krieg gründete sich der Deutsche Freidenker-Verband als parteiunabhängige Einheitsorganisation und damit die Lehren aus dem Faschismus ziehend. Es sei nicht Sache der Freidenker Sozialdemokraten als »Sozialfaschisten« und Kommunisten als »rotlackerte Faschisten« zu beschimpfen.

So wie in ihrem Grußwort von Steffi Wittenberg stellt auch Klaus Hartmann als zentrale Lehre aus dem Faschismus heraus, dass dem Antikommunismus weiter entgegen getreten werden muss. Ernst Thälmanns Mut und Unbeugsamkeit ist zu ehren, indem die Freidenker ihre  Weltanschauung und Geschichte verteidigen und für eine menschengerechte, eine sozialistische Gesellschaft, kämpfen. Das beinhaltet auch die Forderung der sofortigen Kriegsbeendigung in Afghanistan und Libyen.

Es folgte eine Ansprache des Staatsratsvorsitzenden a. D. der DDR, Egon Krenz. Dieser stellte die Ehrung  Ernst Thälmanns als wichtigen Teil im Rahmen der Geschichte der Arbeiterklasse heraus. Die sehr eindrucksvolle Rede kann in der Tageszeitung »junge Welt« nachgelesen werden.  Er analysierte die politische Situation nach dem Scheitern des Fortbestands der DDR. Er führte die Zeit des Kalten Kriegs an und damit die Probleme auf beiden Seiten von DDR und BRD. Ausdrücklich begrüßte Egon Krenz eine Vereinigung beider deutscher Staaten, kritisierte jedoch die Bedingungen und das Ergebnis.


Worte der Landesvorsitzenden des DFV Nord, Angelika Scheer


Vorab:  Ich freue mich, dass wir so eine enge freundschaftliche Beziehung zur GET in Hamburg haben. Ich freue mich auch, dass aus der Mitgliederschaft des DFV kein »Wenn“ und Aber« gekommen ist betreffs der Ehrung von Ernst Thälmann.  Das ist nicht selbstverständlich, wenn ich an die sogenannte Kommunismusdebatte am Anfang des Jahres im Vorwege der Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung „junge Welt“ denke. Da sind auch viele Mitglieder unserer Organisation betroffen.

Für uns steht im Mittelpunkt doch die Auseinandersetzung mit der Ungleichbehandlung von Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Freidenkerorganisationen. Die Forderung nach Trennung von Staat und Kirche, von Bildung und Kirche muss erreicht werden. Aber  ganz  besonders muss vom „Glaubensgedusel“ im militärischem Geschäft  Abstand genommen werden. Was nützt kirchlicher Segen denen im Sinne des Kapitals gestorbenen Soldaten?

Weltanschaulich und kulturell stehen wir an der Seite Ernst Thälmanns. Das verbindet uns auch mit der Ernst Thälmamm Gedenkstätte in Ziegenhals. Wir als DFV fordern einen Wiederaufbau der so wichtigen und historischen Stätte der Arbeitergeschichte.


Grußwort des Vorsitzenden des Deutschen Freidenker-Verbandes, Klaus Hartmann


Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen!

Der Deutsche Freidenker-Verband grüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hamburger Veranstaltung zum Gedenken an den 125. Geburtstag von Ernst Thälmann.

Es ist unser gemeinsames Anliegen, das Leben und Lebenswerk dieses großen deutschen Arbeiterführers und Antifaschisten zu ehren. Wir wollen sein Andenken wach zu halten und sein Vermächtnis kommenden Generationen weitergeben.

Freidenkerinnen und Freidenker wurden von den Faschisten verboten, enteignet, verfolgt und ihrer Führung beraubt. Unser Vorsitzender Max Sievers leistete lange Jahre eine umfangreiche, hauptsächlich publizistische Widerstandsarbeit von verschiedenen Ländern Europas aus. Nachdem er 1943 der Gestapo in die Hände fiel, wurde er in Berlin von Freißlers sogenanntem Volksgerichtshof wegen »Hochverrat« zum Tode verurteilt, im Januar 1944 wurde er von den Faschisten im Zuchthaus Brandenburg‐Görden mit dem Fallbeil ermordet.

Dies prägt Selbstverständnis und Praxis des Deutschen Freidenker-Verbandes heute. Antifaschismus, Antimilitarismus und Antiimperialismus sind Wesensmerkmale freidenkerischer Identität. In unserer programmatischen »Berliner Erklärung« formulieren wir die Überzeugung: »Wir betrachten Antifaschismus als Schlüssel für das Öffnen und Offenhalten einer menschlichen Zukunft.«

In den Kämpfen der Weimarer Republik waren die Freidenker als Teil der sozialistischen Arbeiterbewegung selbst engagiert, die parteipolitischen und Kämpfe gegeneinander betrafen uns ebenso wie die Gewerkschaften und andere Organisationen. Wie die Gewerkschaften zogen auch die Freidenker die Lehre aus dem Faschismus, sich als parteiunabhängige Einheitsorganisationen wiederzugründen.
Lehren aus dem Faschismus zu ziehen bedeutet aber auch, keine einseitigen Schuldzuweisungen für das Scheitern einer antifaschistischen Einheitsfront zu akzeptieren. Wir lehnen die Beschimpfung von Sozialdemokraten als »Sozialfaschisten« ebenso ab wie die umgekehrte Beschimpfung von Kommunisten als »rotlackierte Faschisten«. Weder die politischen Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und zahllosen Revolutionären können in einer objektiven Geschichtsbetrachtung ausgeblendet werden, noch Thälmanns Kampf gegen Rechtsopportunismus und linkes Sektierertum in der jungen und noch unerfahrenen Kommunistischen Partei.

Eine zentrale Lehre aus dem Faschismus muss die Absage an jeden Antikommunismus sein. Diese Grundtorheit des letzten Jahrhunderts ist auch im neuen Jahrhundert unverändert Staatsraison in Deutschland. Dies manifestiert sich in der fortgesetzten Hetze gegen die DDR als »Unrechtsstaat« und der Verfolgung ihrer Verantwortungsträger, der Errichtung von Geisterbahnen à la Hohenschönhausen und der Verwandlung ehemaliger KZ-Gedenkstätten in Wallfahrtsorte für Nazi-Verbrecher. Wir protestieren gegen den skandalösen Abriss der Gedenkstätte Ziegenhals unter politischer Verantwortung der brandenburgischen Landesregierung als einen barbarischen Akt der Geschichtsverleugnung und der Rehabilitierung des Faschismus.

Gegen die Liquidierung des Antifaschismus einzutreten, bedeutet für den Deutschen Freidenker-Verband auch, die Unteilbarkeit des Schwurs »Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg« zu verteidigen. Diese antifaschistische Verpflichtung wurde durch Joseph Fischers »Nie wieder Auschwitz« ersetzt, was einer neuen Auswitzlüge gleichkam: wo die Bundesregierung wie beim Überfall auf Jugoslawien in den Krieg zieht, will sie ihrer demagogischen Kriegspropaganda zufolge vorgeblich ein »neues Auschwitz« durch Krieg verhindern.

Dieser imperialistischen Perversion der als »humanitäre Interventionen« getarnten Raubkriege müssen wir entschiedenen Widerstand entgegensetzen. Wir ehren Ernst Thälmanns Mut und Unbeugsamkeit, indem wir dieser Gehirnwäsche entgegentreten, unsere Geschichte und Weltanschauung verteidigen, für eine menschengerechte, eine sozialistische Gesellschaft kämpfen. Deshalb fordern wir auch in dieser Stunde:

Stoppt die NATO-Aggression gegen Libyen – Solidarität mit der Libysch-Arabische Dschamahirija!