Die Jugendweihe in Hamburg 2007

Kategorie: Hamburg Veröffentlicht: Mittwoch, 08. August 2007
AG Jugendweihe Gross-Hamburg e.V.117 Jahre gibt es nun die Jugendweihe in Hamburg, auch wenn sie einmal von den Freidenkern 1890 unter einem anderen Namen begonnen wurde. Es waren damals Schulentlassungsfeiern. Im Hamburger Echo konnte man am 26. März 1890 lesen: „Zur Erinnerung an die Schulentlassung der Kinder, welche nicht konfirmiert werden, war am Montagabend in Barmbek im Viktoriagarten eine eigenartige, recht ansprechende und erhebende Familienfeier veranstaltet. An der Feier nahmen 23 entlassene Schüler und Schülerinnen mit ihren Eltern und sonstigen Angehörigen und Freunden, im ganzen 350 Personen, teil.“

In diesem Jahr waren es 53 Jugendliche, die am 26. Mai in der altehrwürdigen Laeiszhalle an der Jugendfeier der Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe teilnahmen, weniger als in den letzten Jahren. Sie kamen aus den Stadtteilen Bergedorf, Harburg, Bergstedt und Landungsbrücken sowie aus Lüneburg und Geesthacht. Die sechs Kurse hatten sich von Anfang Januar bis zur Feier wöchentlich getroffen und zu unterschiedlichsten Themen gearbeitet. Auch ein gemeinsames Wochenendseminar von jeweils drei Kursen gehörte traditionell dazu.

Umrahmt von der Musik der Schulbigband „Die Heißen Hörner“, stand das Thema Zivilcourage im Mittelpunkt der diesjährigen Feier. Alle Kurse brachten Gedichte und Texte zu Gehör, die sie selbst ausgewählt hatten, z. B. „Sage Nein“ von Konstantin Wecker oder „Niemand sucht aus“ von Giaconda Belli. Eine Jugendliche und ihre Mutter sowie ein Kursusleiter hielten die so dreigeteilte Feierrede aus ihrer jeweiligen Perspektive. Höhepunkt war der namentliche Aufruf der Jugendlichen, die dann auf der Bühne ihre Urkunde, eine Rose und ein Buchgeschenk überreicht bekamen. Durch eine Blumengirlande verließen sie dann die Bühne, als Zeichen des symbolischen Übergangs vom Kind zum Erwachsenen. Der Kurs Elmshorn gestaltete am 22. Juni seine eigene Feier in Elmshorn.

Vor 117 Jahren schrieb das Hamburger Echo zum Schluss in seinem Artikel: „Der ganze Eindruck des Festes war ein so vorzüglicher, dass es wohl allen Teilnehmern lange im Gedächtnis bleiben wird, vor allem aber den teilnehmenden der Schule entwachsenen Kindern, denen die ernsten ermahnenden Worte hoffentlich recht tief im Gedächtnis haften und ihnen ein Sporn sein werden, sich in der Zukunft zu recht tüchtigen und brauchbaren Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu entwickeln.“  

Die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe Groß-Hamburg e.V. versucht heute, den Jugendlichen eine Verantwortungsethik mit auf den Weg zu geben, dem Erwachsen sein auch gewachsen zu sein. Themen wie Antifaschismus, Antirassismus, jegliche Form von Gewalt, die Klimakatastrophe, Drogen und Alkohol etc werden von den Jugendlichen ausgewählt und von den Kursusleitungen ergänzt. Durch Gäste, wie z.B. trockene Alkoholiker, werden die Kursusstunden interessanter gemacht.

Dieses Jahr neu war eine gemeinsame Veranstaltung mit der VVN-BdA am 8. Mai unter dem Titel „Mutter und Vater im KZ-Zeitzeugen berichten“. Befragt wurden die Zeitzeugen von Jugendlichen. Gut 50 TeilnehmerInnen unterschiedlichsten Alters machten diese berührende und wichtige Veranstaltung zu einem Erfolg.

Sorge bereitet uns, dass es immer schwieriger wird, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die die Kurse in den Stadtteilen leiten. Hier wird es in den nächsten Jahren intensiver Gespräche bedürfen, um die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe auf Dauer am Leben zu erhalten. Es macht die Situation nicht einfacher, dass es nach einer Abspaltung 1983 zwei Jugendweihen in Hamburg gibt. Nach dreißigjähriger Mitarbeit und fünfundzwanzig Jahren als Vorsitzender wünsche ich mir noch eine lange Zukunft für diese alte, aber nicht veraltete Einrichtung Jugendweihe.

Helmuth Sturmhoebel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe Groß-Hamburg e.V.  und Mitglied im DFV LV Nord.